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So bewerten die NIUS-Autoren die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler
Außerdem: Ein Donut im Weltraum

Held des Tages: Donut im Weltraum

Das baden-württembergische Startup Atmos Space Cargo hat eine Erfindung gemacht, die die Raumfahrt revolutionieren könnte: eine Weltraumkapsel, die mehrere Tonnen Fracht transportiert, leicht ist und bis zu 100 Tonnen Kilogramm Last tragen kann – ideal für wissenschaftliche Experimente. So lassen sich in der Schwerelosigkeit Antikörper für die Krebstherapie und Stammzellen unter einzigartigen Bedingungen testen.
Den Jungfernflug ins All mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX hat der „deutsche Donut“ erfolgreich bestanden. Der Schutzschild sieht aus wie ein riesiger Donut, daher der Spitzname. Er hält Temperaturen von bis zu 1500 Grad aus. Deutsche Wertarbeit fürs Weltall – heldenhaft!
Von wegen „Links ist vorbei“

Von Björn Harms
Die Linkspartei ermöglicht es Friedrich Merz nach einer Zitterpartie, zum Kanzler gewählt zu werden – eine wundersame Entwicklung an einem denkwürdigen Tag. Erst am Montag stellte Linken-Vorsitzende Heidi Reichinnek in einem Interview noch „die Systemfrage“ und forderte dazu auf, „den Kapitalismus zu stürzen“. Einen Tag später obliegt es der 37-Jährigen als treue Verbündete der „demokratischen Mitte“, den Weg für einen zweiten Wahlgang freizumachen. Hierfür war eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig, wofür Union und SPD mit den Grünen und der Linkspartei einen Deal aushandelten.
Vom Unvereinbarkeitsbeschluss der Union mit der ehemaligen SED-Partei wollen die Christdemokraten plötzlich nichts mehr wissen. Der Beschluss gelte nicht bei Geschäftsordnungsfragen, legt sich Alexander Dobrindt die selbstauferlegten Regeln gerade so zurecht, wie es ihm passt. „Erste Amtshandlung von Jens Spahn ist eine Zusammenarbeit der CDU-Fraktion mit den Linken. Eine besondere Wendung an diesem Tag voller Überraschungen“, spöttelt da auch der Bundesvorsitzende der Jusos, Philipp Türmer. „Links ist vorbei“, hatte Friedrich Merz im Wahlkampf noch getönt – davon ist nichts mehr übrig.
Bislang war man es gewohnt, dass die CDU lediglich am Nasenring von der SPD und den Grünen durch die Manage gezogen wird. Seit Dienstag darf selbst die Linkspartei daran rütteln.
Merz heikle Schuldenmission in Europa

Von Ralf Schuler
„Germany is back on track“, hatte Friedrich Merz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags selbstbewusst in die Runde gerufen. Eine Botschaft, die er als Kanzler der zweiten Wahl nur bedingt wird einlösen können. Es dürfte der Koalitionspartner SPD gewesen sein, der dem neuen Regierungschef im ersten Wahlgang ein deutliches Zeichen gegeben hat, von wessen Gnaden Merz Kanzler ist. Sieben Ministerposten reichen längst nicht, die widerspenstige Genossenschar in eine verlässliche Gefolgschaft zu verwandeln.
Im Ausland werden solche Vorgänge mit großem Interesse beobachtet und als das gedeutet, was sie sind: Schwäche.
Merz kann immerhin mit Blick auf das Verteidigungsbudget international punkten. Bei 500 Milliarden für Infrastruktur ist er allerdings als Bittsteller unterwegs, weil die Instandhaltung von Brücken, Straßen, Schulen und Krankenhäusern ganz normale Daseinsvorsorge ist, die jedes EU-Land aus dem eigenen Haushalt bezahlen muss. Das Geld ist also noch längst nicht auf dem deutschen Girokonto. Das Überschreiten der EU-Verschuldungsgrenzen kann Merz nämlich nicht mit einem unerwarteten Notstand begründen, sondern muss in Brüssel um Erlaubnis bitten, Sonderschulden zu machen. Der nationale Beschluss allein reicht nicht.
Hier steht ihm eine doppelt heikle Mission bevor: Denn einerseits werden die anderen Euro-Länder nicht vergessen haben, wie Deutschland sie wegen ihrer Verschuldung gepiesackt hat. Andererseits werden sie als Gegenleistung vermutlich verlangen, dass Deutschland seinen Widerstand gegen EU-Gemeinschaftsschulden (Euro-Bonds) aufgibt. Zusätzlich zu der eigenen Schuldenorgie in Berlin müsste Deutschland dann auch noch grünes Licht für Gemeinschaftskredite geben, damit auch hochverschuldete Länder wie Frankreich oder Italien noch einen Schluck aus der Schuldenpulle nehmen können. Das wiederum dürften die Finanzmärkte mit Skepsis und steigenden Risikozinsen zur Kenntnis nehmen. Eine Inflationsspirale, die das Euro-System ganz und gar nicht gebrauchen kann.
Deutschland mag wieder in der Spur sein, aber es ist keine gemütliche.
Kanzler mit zwei blauen Augen

Ja, Friedrich Merz hat es geschafft. Im zweiten Anlauf gelang es ihm, eine absolute Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestags von sich zu überzeugen. Merz, dem selten etwas beim ersten Versuch gelingt, mag es vor dem Hintergrund seiner Biografie gelassen nehmen. Zweimal scheiterte er beim Ansinnen, Vorsitzender der CDU zu werden. Dann gelang es doch, der Basis sei Dank. Diesmal aber könnte sich der Preis als zu hoch erweisen.
Hängen bleiben wird von diesem Stolperstart und immer wieder hervorgekramt werden in künftigen Wahlkämpfen: Die Union hat ihren antikommunistischen Gründungsimpuls abgelegt. Sie macht mit der umbenannten SED gemeinsame Sache, wenn es der Machterringung dient. Wird sie also auf Abstand gehen zur radikalen Partei „Die Linke“, wenn es um den Machterhalt geht? Die Union ging auf „Die Linke“ zu, um sich deren Zustimmung zu holen für eine Änderung der Geschäftsordnung, die nötig war, um am selben Tag zu einem zweiten Wahlgang zu schreiten. Unter Merz (und Söder) macht die Union mit Sozialisten gemeinsamen Sache. Das ist das erste blaue Auge für Merz, das er sich selbst zufügte.

Das zweite blaue Auge stammt von der Partei mit der nämlichen Farbe, der AfD. Diese muss nichts tun, um Merz immer wieder die Absurdität der „Brandmauer“ vorzuführen. Merz brauchte gestern und braucht auch künftig ausschließlich linke Parteien, um regieren zu können.
So droht seine Kanzlerschaft zum linken Treppenwitz der Geschichte zu werden – und zum finalen Beweis, dass die Tage der Union als einer bürgerlichen Volkspartei gezählt sind. Friedrich Merz erzielte gestern zwei Wirkungstreffer: gegen sich selbst. Sein Sieg nach Punkten könnte der Auftakt sein zu einem quälend langen Abschied von der Macht.
Merz' Ramponiertheit als Stärke
Von Julius Böhm
Friedrich Merz zieht mit einem Veilchen, mehreren blauen Flecken und einem aufgeschürften Knie ins Kanzleramt ein, sinnbildlich jedenfalls – und ich will hoffen, dass all der Vertrauensverlust, das Absacken in den Umfragen, die Kritik aus allen Teilen des Landes und nicht zuletzt die Niederlage im ersten Wahlgang der Kanzler-Wahl auch etwas Positives hat:
Nämlich eine Art „Mir doch egal“-Haltung des neuen Bundeskanzlers.
Nicht in Bezug auf den Willen der Mehrheit im Land, auch nicht gegenüber seinen (in weiten Teilen vernünftigen) Wahlversprechen, sondern vielmehr gegenüber seinem Koalitionspartner. Merz hat an einem historischen Tag für einige Stunden zu spüren bekommen, was es bedeuten kann, nicht Kanzler zu werden.
Beim ersten Koalitions-Krach – und der wird nicht lange auf sich warten lassen – weiß Merz ungefähr schon, wie es sich anfühlt, wenn alles zu scheitern droht. Warum soll diese Erfahrung nicht zum sinnvollen Hebel gegen einen Koalitionspartner werden, der so gar kein Interesse am Rückbau des Staates, einer Umkehr bei der Migrationspolitik oder bei der Reformierung des Sozialstaates hat?
„Entweder wir machen es so, wie ich es meinen Wählern im Wahlkampf versprochen habe, oder das war’s, Lars“, wäre der zentrale Satz, um dem Ausdruck zu verleihen.
Ramponiertheit als Stärke, das wär‘ doch mal was.
Die Rückkehr der Konsequenz in die Politik
Von Pauline Voss
Friedrich Merz’ Scheitern im ersten Kanzler-Wahlgang steht symbolisch für die Rückkehr der politischen Konsequenz. Merz und seine Regierungsmannschaft wurden von den eigenen Fraktionen auf offener Bühne blamiert.
Ganz gleich, ob es Abweichler aus den Reihen der Sozialdemokraten waren, die ihrem Parteichef Lars Klingbeil einen Denkzettel für seinen knallharten Umgang mit Saskia Esken verpassen wollten, oder doch frustrierte Unions-Abgeordnete, die Merz für seinen Linksruck abstrafen wollten: Die Parteichefs haben zu hoch gepokert und sich damit schon vor Amtsantritt selbst beschädigt.
Die Abgeordneten haben Merz und Klingbeil eine Lektion erteilt, die diese sich von den Wählern einfach nicht beibringen lassen wollten: Wer alles dem eigenen Machtgewinn unterordnet, der geht ein Risiko ein.
Es wird beiden Parteichefs eine Lehre sein, in Zukunft genau in ihre Fraktionen hineinzuhören, wenn sie Gesetzesvorhaben umsetzen wollen. Wenn dieser Tag also dafür gesorgt haben sollte, dass das Parlament gegenüber der Regierung gestärkt wurde, dann war es ein guter Tag.
Vor Merz’ Durchhaltefähigkeit habe ich Respekt

Weit nach Einbruch der Dunkelheit (circa 22 Uhr) leitete Friedrich Merz am Dienstagabend seine erste Kabinettssitzung
Von Julian Reichelt
Am Weg des Friedrich Merz zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gibt es viel zu kritisieren, aber die zahlreichen Rückschläge gehören nicht dazu. Drei Anläufe brauchte er, um Parteivorsitzender zu werden, zwei Wahlgänge, um endlich den Amtseid ablegen zu dürfen. Ja, die Klatsche im ersten Wahlgang war (mal wieder) das Ergebnis von Selbstherrlichkeit (die Merz dringend ablegen muss), aber Durchhaltefähigkeit ist eine der wichtigsten und am meisten unterschätzten Qualitäten im Leben.
Friedrich Merz ist nur da, wo er jetzt ist, weil er nie aufgegeben und das Fortune immer wieder erzwungen hat. Ein Mann, der nicht aufgibt und immer wieder aufsteht ist keine schlechte Sache in einer Welt, die in den letzten Jahren männerseitig von Weicheiern, FFP2-Masken-Fanatikern, Angst vor falschen Pronomen und Schönrederei von Niederlagen und Niedergang geprägt war.
Als Bundeskanzler kann man sich viel vornehmen, aber das Schicksal wird einem immer eine andere Kanzlerschaft servieren als man sich erhofft hat. Bei der Staatsverschuldung hat Merz sein Wort gebrochen, bei der Migration wird er es kaum halten, bei der Energieversorgung setzt er auf grüne Ideologie. All das kann man gar nicht deutlich genug kritisieren.
Aber vor seiner Durchhaltefähigkeit habe ich Respekt. Man kann nie wissen, ob das nicht die Eigenschaft ist, die das Schicksal ihm in seiner Kanzlerschaft am meisten abverlangen wird.
NIUS Live: Tag 1 von Friedrich Merz
Der Tag beginnt mit NIUS: Heute begrüßen wir Weltwoche-Herausgeber Roger Köppel und NIUS-Reporter Alexander Kissler bei Gastgeber Alex Purrucker im NIUS Radio-Studio.
Sie können die Sendung ab 7 Uhr live auf YouTube sehen und im NIUS Radio hören. Sollten Sie die Folge verpassen, können Sie sie sich auch nachträglich auf unserem YouTube-Kanal ansehen – wann immer Sie mögen.
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