Mit der liberalen Lupe gesucht: Die FDP gibt es noch

Außerdem: Ai Weiwei und die deutsche Cancel Culture

Held des Tages: Thomas Müller

Es ist nicht so sehr die Tatsache, dass er für seinen neuen Verein Vancouver Whitecaps in der Nachspielzeit das Siegtor geschossen hat (3:2). Das machen andere Fußballprofis auch, das ist ihr Job. Es ist die Art und Weise, wie Thomas Müller auftritt und – man darf es wohl so sagen – wie er den Fußball repräsentiert.

Nach dem Sieg sagte er: „Meine größte Entscheidung heute war, dass ich die Platzwahl gewonnen habe. Deshalb konnten wir auf unsere Fans zuspielen. Ein unglaubliches Gefühl!“

Thomas Müller ist jetzt ein Held in Kanada, deshalb erlauben wir uns, diesen Mann noch einmal zum Helden zu erklären – ein Held, der die Tugenden Fleiß, Bescheidenheit und Humor im besten Sinne vertritt. Thomas Müller, ein Held für zwei Kontinente.

Wir geben Ihrer Meinung eine Stimme

Mit der liberalen Lupe gesucht: Die FDP gibt es noch

FDP-Chef Christian Dürr

Jaaaaa, sie lebt noch. Sie lebt noch… Mit der FDP ist es wie mit dem „Alten Holzmichel“, der vor einigen Jahren als lustiges Schlagerlied sein Überleben besingen ließ. Sie lebt noch. Nur nimmt es kaum noch jemand zur Kenntnis.

FDP-Chef Christian Dürr kommentiert in einer Pressemitteilung die deprimierenden neuen Konjunkturzahlen, sein Stellvertreter Hennig Höne will den Erwerb von Wohneigentum erleichtern, Präsidiumsmitglied Hans-Ulrich Rülke sagt im Reutlinger Generalanzeiger etwas zum Technologiestandort Deutschland und Parteivize Wolfgang Kubicki schreibt regelmäßig (sehr lesenswerte!) Kolumnen im Magazin Cicero. Wenn Sie die Hälfte der erwähnten Namen nicht kennen, sind Sie, liebe Leser, in bester Gesellschaft, und wenn Sie die Wortmeldungen übersehen haben, ebenfalls.

Die Liberalen erleben nun schon zum zweiten Mal in relativ kurzer Zeit den brutalen Absturz in die nahezu völlige Bedeutungslosigkeit, die damit beginnt, dass man als Partei in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr vorkommt. Warum auch Zitate von einer Partei einsammeln, die zumindest in der Bundespolitik wirkungslos ist?

Selbstverschuldetes Elend, kann man einwerfen. Wäre die FDP innerhalb der Ampel als wirkungsvoller erlebt worden, würde sie jetzt vermutlich heftiger vermisst. Da ist natürlich was dran.

Hinzu kommt, dass die Liberalen und ihre Frontleute bei vielen Medien ohnehin nie besonders beliebt waren und oft lediglich als Buhmänner vorkamen, weil sie linke Lieblingsprojekte von SPD und Grünen blockierten. Ganz allgemein kann man aber sagen, dass die Freiheit insgesamt in Deutschland keine Lobby hat. Im Zweifel setzen hierzulande viele Zeitgenossen lieber auf Sicherheit als auf die Chancen der eigenen Verantwortung. Auch diese Entscheidung gehört zur Freiheit dazu.

Dass eine liberale Kraft aber durchaus gebraucht wird, demonstriert die aktuelle Bundesregierung täglich. Von Mega-Schulden bis zu verschleppten Reformen und lustlosem Bürokratie-Abbau sind sich eigentlich alle Beteiligten einig und bekommen auch von der Opposition keinen Gegenwind. Eher im Gegenteil: Grünen und Linken ist all das noch zu wenig Staat, und auch bei den Schulden könnte es für die linke Opposition gern noch etwas mehr sein. Die AfD hätte hier eine wirkliche Marktlücke zur Profilierung, ringt aber intern ebenfalls mit sozialpolitischen Betreuungsfantasien.

Ob die FDP noch einmal eine Chance bekommt, ihre Existenzberechtigung unter Beweis zu stellen, ist einstweilen offen. Ob sie aus ihren Fehlern gelernt hat, allerdings auch.

Ai Weiwei und die deutsche Cancel Culture

Der chinesische Künstler Ai Weiwei kennt Deutschland nicht nur vom Hörensagen. Fast fünf Jahre, zwischen 2015 und 2019, lebte und arbeitete er in der Bundesrepublik. Sein Atelier in Berlin existiert noch. Mit seiner Meinung über das einstige Gastland hält er auch dann nicht hinter dem Berg, wenn er von einem deutschen Medium nach einem Gastbeitrag angefragt wird. So geschah es nun. Doch die anfragende Hamburger Wochenzeitung Die Zeit wollte laut Ai seine Gedanken dann lieber doch nicht publizieren.

Die Berliner Zeitung sprang in die Bresche, und ihr sagte Ai nun: Es gebe keinen Unterschied zwischen der „Zeit“ und den Verhältnissen in China; „man sagt seine Meinung, ganz unabhängig, und dann ist es nicht genehm. Natürlich haben sie die Macht und das Recht. Sie veröffentlichen keine unliebsame Meinung.“

Der Künstler sieht sich als Opfer deutscher Cancel Culture. Erbeten hatte Die Zeit – so Ai – „15 bis 20 kurze Gedanken zum Thema ‚Was ich gerne früher über Deutschland gewusst hätte‘.“ Entstanden sind 23 Aphorismen und fünf „zusätzliche Reflexionen“, nun eben in der Berliner Zeitung nachzulesen.

Ai schreibt etwa: „Eine Gesellschaft, die Gehorsam schätzt, ohne Autoritäten zu hinterfragen, ist dazu bestimmt, korrupt zu werden.“ Oder: „Wenn die Mehrheit glaubt, in einer freien Gesellschaft zu leben, ist das oft ein Zeichen dafür, dass die Gesellschaft nicht frei ist.“ Oder aber: „Wenn sich die Medien der öffentlichen Meinung unterordnen oder Konflikte meiden, um bei den Herrschenden in Gunst zu bleiben, werden sie zu Komplizen der Macht.“

Ai kennt aus eigener Erfahrung die engen Bande von Politik und Medien. Er weiß, dass die Freiheitsräume schwinden, wenn die Konformität regiert. Auch in Deutschland weiß er nun ein Lied davon zu singen, eine Hamburger Weise.

Die Koalition im Krisenmodus

Die Kanzlerschaft Merz mag einem wie eine Ewigkeit vorkommen, sie dauert aber gerade einmal dreieinhalb Monate an. Und gemessen an dieser kurzen Zeit ist die Koalition in einem bemerkenswerten Alarm-Modus angelangt. Heute kommen die Unions-Spitzen und die Minister von CDU und CSU zum Krisentreffen zusammen. Friedrich Merz bekannte am Samstag auf dem CDU-Parteitag in Niedersachsen: „Ich bin mit dem, was wir bis jetzt geschafft haben, nicht zufrieden – das muss mehr, das muss noch besser werden.“

In Richtung Sozialdemokraten ätzte er: „Wenn diese Partei die Kraft besitzt, migrationskritisch zu werden und industriefreundlich zu werden, dann hat diese Partei auch eine Chance, in der Regierung Tritt zu fassen, mitzumachen und die Reformen dieses Landes in die richtige Richtung zu bringen.“

Merz spielt sich hier als derjenige auf, der am langen Hebel sitzt. Doch das ist reine Pose. Denn er hat SPD-Chef Lars Klingbeil noch jedes Mal aus der Hand gefressen, wenn dieser ihm mit Koalitionsbruch drohte.

Das Fundament der Kanzlerschaft Merz ist der Kotau vor dem linken Mob, der mit Pytotechnik auf der Straßen randalierte und Parteizentralen besetzte, nachdem Merz es Anfang des Jahres gewagt hatte, die rechtskonservative Mehrheit von Union und AfD im Parlament zu nutzen. Damals beschloss Merz, sich dem linken Diktat zu unterwerfen.

Entscheidend wird nun sein, ob selbiges auch für seine Fraktion gilt. Wenn sie dem Kanzler die Gefolgschaft verweigert, könnte die Koalition in wenigen Wochen vor dem Aus stehen, sobald die wichtigen Entscheidungen (Haushalt, Bürgergeld) anstehen.

Bodenfrost

Heute teile ich mit Ihnen einen bösen, zynischen Witz, den ich in einer Dorfkneipe am Wochenende aufgeschnappt habe. Nicht, weil er die Realität beschreibt, sondern weil er schonungslos auf den Punkt bringt, was in unseren Debatten falsch läuft:

Person 1: „Weißt du, warum sie die ganzen Hitzetoten nicht begraben konnten?“
Person 2: „Warum?!“
Person 1: „Weil wir im August Bodenfrost haben.“

Ja, es gibt Menschen, die in Verbindung mit Hitze sterben. In den allermeisten Fällen sind es hochbetagte Menschen, die zudem an Vorerkrankungen leiden und Fehler beim Umgang mit Hitze machen. Sie trinken zu wenig, begeben sich nicht in kühle Räume, weil sie wahrscheinlich auch gar nicht die Möglichkeit haben. Es treffen Risiko und schlechte Anpassung an Hitze aufeinander. Ist das zum Lachen? Nein. Ein Grund zur Panik? Auch nicht.

Ja, der Klimawandel existiert und ist zu allergrößten Teilen menschengemacht. Die Korrelation zwischen anthropogenem CO₂-Ausstoß seit Ende des 19. Jahrhunderts und dem starken Anstieg der Temperaturen seither ist eindeutig. Das heißt auch, dass es mehr heiße Tage in Deutschland gibt und die Gefahr für besagte Hochbetagte steigt. Das ist messbar und lässt sich in den Daten ablesen. Muss deswegen Deutschland seine Industrie beseitigen? Nein. Kann Deutschland allein etwas dagegen tun? Nein.

Auch in der Klimadebatte braucht es Realismus: sowohl bei der Erkenntnis des Problems als auch bei realistischen Lösungsansätzen. Nur eine Technologie, die Wohlstand (also einen hohen Energieverbrauch) verlässlich von CO₂ trennen kann, wird das Problem im weltweiten Maßstab lösen. Und bei der Suche danach sind Angstmache und Panik (u. a. mit vermeintlich so vielen Hitzetoten und ARD-Brennpunkten zu dem Thema) keine guten Ratgeber.

Schon gar nicht, wenn das Wetter so gar nicht mitspielt und man sich an einem Augustnachmittag eine Jacke überziehen muss – dann kommen sich Menschen verarscht vor und blockieren. Es braucht kühlen Kopf, Innovation und Erfindergeist. Und Klimaanlagen.

Wir sind bei NIUS Radio für Sie da!

Der Tag beginnt mit NIUS: Für eine Woche ist NIUS Live in der Sommerpause. Unser Morning-Man Alex Purrucker begrüßt Sie jedoch gerne ab 7 Uhr live im NIUS Radio.

Impressum VIUS SE & Co. KGaA
Ritterstraße 24-27
10969 Berlin Deutschland (Sitzland)
Telefon: +49 (0)30 - 2000443-00
E-Mail: [email protected]

Die VIUS SE & Co. KGaA wird gerichtlich und außergerichtlich vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin VIUS Management SE, Berlin (Amtsgericht Charlottenburg, HRB 245682 B), diese vertreten durch ihre geschäftsführenden Direktoren Christian Opitz, Julian Reichelt und Vera Regensburger.

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes (V.i.S.d.P)
Julian Reichelt

Mitglieder der Chefredaktion
Ute Oelker

Handelsregister
Amtsgericht Charlottenburg, HRB 247426 B

Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
DE357951080

Verantwortlich gemäß § 18 Abs. 2 MStV
Julian Reichelt
Ritterstraße 24-27
10969 Berlin

Zuständige Regulierungsbehörde:
Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb)

Zuständiger Jugendschutzbeauftragter:
Philippe Fischer

Informationen zur Verbraucherstreitbeilegung
Die Europäische Kommission stellt unter https://ec.europa.eu/consumers/odr/ eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) bereit. Wir sind nicht bereit oder verpflichtet, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Reply

or to participate.